s
Von den vielen bedeutenden Städten der Rheinprovinz können hier
nur noch aufgezählt werden: die Festungen Wesel und Saar-
louis — die bedeutende Fabrikstadt Crefeld — das durch seine
Malerschule und einen schönen Lustw ald (Hofgarten genannt) aus-
gezeichnete Düsseldorf mit 69,000 Einwohnern — die alte Stadt
Trier, Sitz eines katholischen Bischofs, mit 21,000 Einwohnern —
und die Universitätsstadt Bonn dem Siebengebirge gegenüber.
Von den vielen wohlthätigen Anstalten der Rheinprovinz ließe sich
noch viel erzählen, z. B. von der Provinzial-Jrrenanstalt zu
Siegburg am Siebengebirge. Dort werden Menschen, welche das
Unglück hatten, ihren Verstand zu verlieren, in ärztliche Pflege ge-
nommen, um sie durch sanfte und geschickte Behandlung von ihrer Geistes-
krankheit zu heilen, was auch bei sehr vielen gelingt. —
7. Der Dom zu Köln.
Unter den vielen Kirchen der Stadt Köln und überhaupt unter
allen Kirchen Deutschlands ist eine der merkwürdigsten und vorzüglichsten
der herrliche Dom. Der Bau des Domes begann im Jahre 1248
durch den Erzbischof Conrad von Hochsteden. Das große Vermögen
dieses Erzbischofs, so wie der damalige Reichthum der Bewohner Kölns
machte den Beginn eines so großartigen Baues möglich. Auch brachten
die unzähligen Pilger, die aus entfernten Gegenden zur Verehrung der
Reliquien der heil, drei Könige (der Weisen aus dem Morgenlande)
dorthin wallfahrteten, zum Bau des Domes große Schätze zusammen.
Aber die Kosten wurden doch endlich zu groß, so daß der Bau, woran
noch 1599 gearbeitet wurde, dann eingestellt werden mußte, ehe noch
die Hälfte fertig war. Der Dom ist in der Form eines Kreuzes ge-
baut; seine Länge beträgt 125“ und seine Breite 72™. Das Ge-
wölbe wird von hundert Säulen getragen, die in vier Reihen neben
einander stehen und von denen die der mittlern Reihen mehr als 9"
im Umfang haben. Gleich den Bäumen eines uralten Waldes stehen
diese schlanken Säulen da; nur am höchsten Gipfel sind sie in Aste
gespalten, die mit ihren Nachbaren sich zu spitzen Bogen verbinden
und dem Auge, das ihnen folgen will, fast unerreichbar erscheinen.
Die innere Höhe des Domes beträgt 50™. Die beiden Thürme,
deren jeder eine Höhe von 156™ erreichen soll, sind noch unvollendet.
Beide sind bis jetzt erst auf eine Höhe von 50™ gebracht. In
dem auf der Südseite stehenden Thurme hängt die große Dom-
glocke, welche 225 Centner wiegt und von 12 Mann gezogen werden
muß. —
In den neuesten Zeiten ist ein Verein unter dem Namen „Dombau-
Verein" zusammengetreten, um den Ausbau dieses herrlichen Denkmals
alter Baukunst zu bewirken. Zu den Beiträgen der Mitglieder dieses
Vereins zahlt der König von Preußen jährlich eine sv bedeutende
TM Hauptwörter (50): [T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt], T80: [Rhein Stadt Festung Mainz Maas Straßburg Frankreich Metz Elsaß Deutschland], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche]]
TM Hauptwörter (200): [T105: [Stadt Dom Jahrhundert Zeit Bau Kirche Rhein Baukunst Deutschland Mainz], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T66: [Stadt Kreis Einw. Berlin Einwohner Schloß Regierungsbezirk Sitz Provinz Düsseldorf], T199: [Universität Berlin Bibliothek Leipzig Schloß München Jahr Museum Schule Gymnasium]]
— 10 —
Summe, daß zu hoffen steht, wir werden diesen Wunderbau bald in
seiner Vollendung schauen.
Zu den vornehmsten Merkwürdigkeiten des Domes sind außer vielen
Grabmälern zu rechnen: die große Sakristei mit der goldenen Kammer,
welche mehrere Kostbarkeiten, unter andern den silbernen Sarg des Erz-
bischofs Engelbert, ein schönes Kunstwerk, enthält; ferner die Kapelle
der h. drei Könige, aus verschiedenen Marmorarten erbaut, worin die
Reliquien der h. drei Könige, in einem kostbaren aus Goldblech ge-
arbeiteten und mit einer Menge von Perlen und Edelsteinen geschmückten
Sarge aufbewahrt werden. Auch an trefflichen Gemälden ist der Dom
reich, und die herrlichen Glasgemälde, welche die ungeheuren Fenster
bedecken, gehören zu den merkwürdigsten Überresten dieser zum Theil
untergegangenen Kunst. Man kann sagen, das Glas verschwindet ganz
dem Auge — alles ist Farbe und — wie Sonnenglanz im Regenbogen,
und schon deshalb wird der Dom von Fremden aus weiter Ferne be-
sucht. Aber nach dem Namen des Mannes, welcher den Plan zu
diesem Riesenbau entworfen, nach dem ersten großen Baukünstler des
Domes fragt jeder Besucher vergebens. Man weiß ihn nicht. Man
hat Jahrhunderte an dem Dome nach dem noch vorhandenen Plane
gebaut, aber es ist niemandem eingefallen, den Namen dieses großen
Geistes zu nennen. „Die Meister, die am Dome gebaut haben, wer-
den nicht genannt; sie haben sich ein herrliches Denkmal gebaut, aber
ohne Inschrift." —
8. Rheinthals Ritterburgen.
An unserm alten Vater Rhein
Stand mancbe Ritterfeste,
Noch jetzt blickt Mond- und Sternenschein
Auf ihre Überreste.
Da wohnten unsre Väter drin,
Die Väter gut und bieder;
Durch ihren deutschen Heldensinn
Wohl würdig deutscher Lieder.
Auch ich hab' euch dereinst geseh'n,
Ihr alten Felsenriesen,
Ihr Könige der Rebenhöh'n,
Der Thäler und der Wiesen,
Wie ihr, im Zettenflug ergraut,
Auf Rhenus grüne Wogen
Von emcn alten Zinnen schaut
Durch hohe Fensterbogen.
Am Tage lebt's im Nebenthal,
Da tönen Winzersänge,
Das Schifflein windet wie ein Aal
Sich durch des Stroms Gedränge.
Da wird es nimmer still und leer
An Deutschlands schönem Rheine,
Wohl mancher Wand'rer zieht einher
Und lagert sich am Rheine.
Der Abend sinkt. Die Sonne glüht
Im purpurnen Gewände
Zum letzten Mal im Strom und flieht
Hinweg in ferne Lande.
Und stille wird's. Wie Schifferskahn
Durch dunkelblaue Wogen,
Kommt still am Himmelsocean
Der Silbermond gezogen.
Ihr blickt so ernst und still herab,
Als wolltet Frohsinn strafen,
Und wachet, daß im Felsengrab
Die Helden ruhig schlafen.
Wohl Mancher ruht im kühlen Haus,
Umdeckt von euren Mauern,
Von seine-n Heldenmühen aus;
Drum mögt ihr immer trauern.
Wenn dann die stille Mitternacht
Rings lagert auf den Bergen,
Tönt laut der Ruf: Ihr Schläfer, wacht,
Erstehet aus den Särgen!
Und donnernd rollt es durch die Luft,
Gewitterwolken blitzen,
Der Ritter steigt aus dunkler Gruft
Zu seiner Väter Sitzen.
TM Hauptwörter (50): [T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf]]
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65
und Wein. Der nördliche Theil ist meistens gebirgig, ausgenommen
die fruchtbare Wetterau, welche aus einer schönen Ebene besteht. Aber
auch die minder ergiebigen Gegenden dieses Landes, im Vogelsberge
und im Odenwalde, zeichnen sich durch vortreffliche Kunststraßen aus,
wodurch der Verkehr befördert und die Einwohner betriebsamer werden.
Die Hauptstadt des Großherzogthums, Darmstadt, ist eine der
am raschesten emporgekommenen Städte Deutschlands. Vor 50 Jahren
noch ein kleines Landstädtchen, das sich bloß durch ein well^stges
Residenzschloß und ein merkwürdig gebautes Exercierhar^ aus-
zeichnete, ist daraus jetzt eine Stadt von fast 35,000 Einwohnern
mit allen großstädtischen Einrichtungen geworden. Überdies hat ihre
Lage am Rande des Odenwaldes und der Bergstraße, in der
Nachbarschaft herrlicher Waldungen, die Anlage vortrefflicher Spazier-
gänge mit Aussichten in die Rheinebene möglich gemacht. Durch Eisen-
bahnen, sowie durch die Nähe des Rheins, Mains und Neckars,
ist Darmstadt mit den bedeutendsten Orten Deutschlands in Verbin-
dung gebracht. Größer als Darmstadt und für den Handel weit
wichtiger ist die alte, am Einfluß des Mains in den Rhein gelegene
Stadt Mainz, die Hauptstadt der Provinz Rheinhessen. Sie
liegt selbst in schöner Gegend, ist aber zugleich der Mittelpunkt der
Dampfschifffahrt auf dem Ober- und Niederrhein, so wie auf
dem Main, welche von den Reisenden vielfältig benutzt wird, um die
schönen'aussichten an beiden Flüssen zu genießen. Auch liegt Mainz
mitten in dem Bezirke, wo dre Rheinweine wachsen, auf der einen
Seite der Rh eingau, auf der andern die Pfalz. Natürlich also,
daß von hier aus viele Versendungen von Wein gemacht werden. —
Auf einem freien Platze der Stadt steht das Standbild des Johann
Guttenberg, eines gebornen Mainzers, welcher ums Jahr 1440 die
Vuchdruckerkunst erfand. Mit Recht hat man sein Andenken geehrt,
denn ohne seine Erfindung würden wir noch in derselben Unwissenheit
leben, wie andere Völker, welche keine oder wenige Bücher haben. —
Mainz ist eine der wichtigsten Festungen Deutschlands; sie ist aus-
schließlich von preußischen Truppen besetzt. —
Von den übrigen Städten verdienen noch erwähnt zu werden:
die Universitätsstadt Gießen an der Lahn, zugleich Hauptstadt in
Oberhessen, mit 10,000 Einwohnern — Offenbach, rege Fabrikstadt
mit 15,000 Einwohnern und die alte Reichsstadt Worms, aus grauer
Vorzeit schon berühmt durch die Helden-Sage vom Siegfried.
81. Der hörnerne Siegfried.
Siegfried, ein Königssohn aus Tanten am Rhein, war so stark
und muthig, daß ihm die Zeit zu lange währte, bis ihm sein Vater
ein Ritterschwert gab. Er lief deshalb zu einem Schmied und be-
gehrte zu lernen, wie man ein Schwert schmiedet. Der Schmied
willigte ein, wenn Siegfried ihm eine Zeitlang dafür diene. Sieg-
Haesters' Lesebuch f. Oberkl. Simultan-Auzg. 5
TM Hauptwörter (50): [T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner]]
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Extrahierte Personennamen: Johann
Guttenberg Johann Mainzers Siegfried Siegfried Siegfried Siegfried Siegfried Siegfried Siegfried Siegfried
78
Mittags und Nachts einen künstlichen Hahn krähen läßt. Der Bau
des Straßburger Münsters begann unter dem Meister Erwin von
Steinbach im Jahre 1276 und wurde vollendet durch den Meister
Johann Hülz von Köln im Jahre 1439. — Die bedeutendste
Fabrikstadt des Elsaß ist Mülhausen, an der Jll, mit 52,000
Einwohnern. Es liefert Seiden-, Baumwollen- und Wollen-
zeuge und besitzt großartige Zeugdruckereien, Färbereien und
Bleichen. Auch die Fabrikation in Metallwaaren und Leder-
arbeiten ist sehr bedeutend. — Fast in der Mitte zwischen Straß-
burg und Mülhausen liegt in einer sehr schönen Gegend Colmar,
früher freie deutsche Reichsstadt, jetzt Hauptstadt des Bezirks Ober-
Elsaß, mit 24,000 Einwohnern. Nordwestlich von Straßburg, am
Fuße der Vogesen, liegt in schöner Gegend die Stadt Zabern, mit
6000 Einwohnem. Von hier führt ein schlangenförmig angelegter Weg,
die „Zaberner Stiege", mit 17 verdeckten, gemauerten Brücken
über die Vogesen nach Lothringen. Auch die Eisenbahn, welche,
von Straß-burg kommend, hier die Vogesen überschreitet, hat bedeutende
Brücken, Dämme, Tunnels und Viadukte. Außer diesen Städten
können hier nur noch genannt werden: Hagenau, durch seinen herrlichen
Wald, den „Hagenauer Forst", die reichste Stadt im Elsaß, mit
11,000 Einwohnern — Bischweiler, mit einträglichem Hopsenbau, be-
deutenden Tuchfabriken und 10,000 Einwohnern — und die Festungen
Schlettstadt, mit 11,000 und Neubreisach, mit 2000 Einwohnern.
— Bei den Städtchen Weißenburg und Wörth erfochten die deut-
schen Heere am 4. und 6. August 1870 die ersten Siege über die Fran-
zosen, wovon ihr in der vaterländischen Geschichte mehr erfahren werdet. —
Die Hauptstadt von Lothringen, Sitz eines katholischen
Bischofs, ist die alterthümliche Stadt und starke Festung Metz, an
der Mosel, über welche hier 14 Brücken führen. Unter den Kirchen der
Stadt zeichnet sich der großartige Dom aus. Als freie deutsche Reichsstadt
war Metz vom 11. Jahrhundert an von der größesten Bedeutung und
konnte sich an Macht, Reichthum und Glanz mit Frankfurt, Augs-
burg und Aachen vergleichen. Die glänzendsten Tage feierte die
Stadt und Bürgerschaft um Weihnachten des Jahres 1356, als der
deutsche Kaiser Karl Iv. hier den großen und berühmten Reichstag
abhielt, auf welchem die „goldene Bulle", ein Reichsgrundgesetz
über die Kaiserwahl und die Rechte der Kurfürsten, verkündigt wurde*).
Jetzt hat die Stadt Mer 51,000 Einwohner und besitzt bedeutende
gewerbliche Anstalten: zahlreiche Gerbereien, Glasmalereien,
Waffen-, Leinwand-, Flanell-, Seidenplüsch-, Hut- und
Blumensabriken. Daß nach drei siegreichen Schlachten, am 14.,
16. und 18. August 1870, die deutschen Heere eine französische Armee
in Metz eingeschlossen und am 27. Oktober gefangen genommen haben,
wird euch in der vaterländischen Geschichte ausführlicher erzählt. —~
*) Siche Erster Abschnitt Iv., S. 235.
TM Hauptwörter (50): [T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
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Extrahierte Personennamen: Erwin_von
Steinbach Johann_Hülz Johann August Metz Karl_Iv Karl August
189
sich auf ihren Streitrossen an Kampfspielen erfreuen und sich durch das
Andenken wohlbestandener Kämpfe beseligt fühlen würden.
Die Priester, Druiden, wurden, als die Diener der Götter, hoch
geachtet und waren im Besitz von mancherlei Kenntnissen, auch der so-
genannten Runenschrift. Als die Lehrer, die Weifen, die Ärzte
des Volkes belehrten sie ihre Schüler über den Lauf der Gestirne, über
die Größe der Welt und über die Natur der Götter, Menschen und
aller Dinge. Hauptsächlich suchten sie den Glauben an die Unsterblichkeit
der Seelen zu befestigen, dadurch die Todesfurcht zu vermindern und
die Tapferkeit zu befördern. Sie waren auch wohl zugleich die Dich-
ter und Sänger des Volks, Barden und Skalden genannt, die
das Heldenthum und die Gottheit in kräftigen Liedern feierten, welche
dann vom Volke bei fröhlichen Gelagen, vor der Schlacht u. s. w. ge-
sungen wurden. In sehr hohem Ansehen standen auch die Priesterinnen
und Seherinnen, Alrunen, welchen man besonders die Gabe der Weis-
sagung zuschrieb, und die fast göttlich verehrt wurden.
2. Hermann -er Cheruskerfürst.
(9 n. Chr.)
Um die Zeit der Geburt Christi, als Augustus römischer
Kaiser war, kamen die Deutschen in Gefahr, von den Römern unter-
jocht zu werden. Bis zum Rheine und zur Donau war Deutsch-
land unter römische Herrschaft gekommen, und an deren Ufer hatten die
Römer bereits Colonien (Pflanzorte), Städte und Festungen an-
gelegt. So sind die jetzigen Städte Köln, Koblenz, Mainz, Augs-
burg (d. t. Augustusburg) von den Römern erbaut worden. Man
führte römische Gesetze ein und behandelte diese Länder als römische
Provinzen.
Aber damit begnügte sich der Kaiser Augustus nicht, er wollte auch
das Innere der deutschen Wälder erobern. Er schickte darum seinen
Stieffohn Drusus gegen die Chatten (Hessen), Brukterer, Marsen,
Ch erusker u. a. deutsche Völkerschaften. Schon war dieser tief ins Land
gedrungen, als ein riesenhaftes Zauberweib sich vor ihn stellte und
ihm drohend die Worte zurief: „Wohin noch strebst du, uner-
sättlicher Drusus? Alle unsere Länder möchtest du sehen,
aber das Schicksal will es nicht. Fliehe von dannen!" Ge-
schreckt wich Drusus zurück, und mit seinem Rosse stürzend, fand er den
Tod. Vergebens suchte sein Bruder Tiberius diese Völker an sich
zu locken, und später wurde Varus als Statthalter an den Rhein
geschickt. Dieser kluge Mann sollte die deutschen Wilden an römische
Sitten gewöhnen, indem er hoffte, daß sie ihre Freiheit jener Cultur
opfern würden.
Varus verlegte sein Hauptlager auf das rechte Rheinufer, brachte
ihnen allerlei Geschenke und nahm viele in römische Kriegsdienste. Er
ward aber bald dreister, verlegte sein Lager bis über die Weser ins
Land der Cherusker und fing, durch Sogest, ein verrätherisches
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T22: [Gott Zeus Sohn Tempel Göttin König Held Mensch Opfer Erde]]
TM Hauptwörter (200): [T56: [Römer Rhein Varus deutsche Armin Jahr Hermann Land Deutschland Tiberius], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T105: [Stadt Dom Jahrhundert Zeit Bau Kirche Rhein Baukunst Deutschland Mainz]]
Extrahierte Personennamen: Hermann_-er_Cheruskerfürst Augustus Augustus Drusus Drusus Drusus Tiberius Varus Varus
Extrahierte Ortsnamen: Christi Rheine Donau Koblenz Mainz Augustusburg Hessen Rhein
448
zu den Dichtungen den reichhaltigsten Stoff. Wahre Begebenheiten wußte die
aufgeregte Einbildungskraft mit reizenden Märchen aller Art auszuschmüaen,
In den anmuthigen Thälern des südlichen Frankreichs und Spaniens,
wo die Einbildungskraft der Bewohner feurig ist, wie der Himmel, unter wel-
chem sie leben, trieb die Dichtkunst ihre höchsten Blüthen. Auf den Burgen der
Ritter, bei fröhlichen Festen und Mahlen erschien der Troubadour mit der lieb-
lich klingenden Harfe in der Hand, Ritter und Damen begrüßten mit stiller
Freude den lieben Gast und hörten seinen gefühlvollen Gesängen zum Klange der
Harfe zu. Von Frankreich aus verbreitete sich dieses lustige Handwerk — so
nannte man es — über die angrenzenden Staaten. Auch Deutschland hatte
seine Troubadours, die man hier Minnesänger nannte, weil der Haupt-
gegenstand ihres Gesanges die Minne oder Liebe war. Hunderte von solchen
Dichtern werden genannt. Ihre Reihe beginnt mit Heinrich von Veldeck,
ihm folgten Hartmann von der Aue, der zartfühlende Gottfried von
Straßburg, der ernste und trübe Wolfram von Eschenbach, der heitere
Walter von der Vogelweide, der große Meister Heinrich von Of-
erdingen, sämmtlich aus dem Anfange des dreizehnten Jahrhunderts.
Oft kamen diese liederreichen Sänger zusammen zu einem poetischen Wettstreite.
Doch nicht die Liebe allein war der Gegenstand ihres Gesanges, sondern auch
die Schönheiten der Natur, die Reize des Frühlings, die Heldenthaten der
Ritter und ihre wunderbaren Abenteuer. Besonders in Schwaben, an den
Höfen der damaligen Kaiser, der kunstliebenden Hohenstaufen, ließen sich diese
Sänger hören und wurden deshalb auch wohl schwäbische Dichter genannt.
Selbst Kaiser und Könige ergötzten sich, wenn sie von den ernsten Sorgen der
Regierung ruheten, an diesem lustigen Handwerke. Unter dem Kaiser Friedrich Ii.
erstieg die vaterländische Dichtkunst den höchsten Grad der Begeisterung, indem
sie als Lteblingsunterhaltung deutscher Fürsten und als die vorzüglichste Würze
gesellschaftlicher Freuden galt.
Schon tm Anfangendes vierzehnten Jahrhunderts verbreiteten sich
Dichtkunst und Gesang von den Burgen der Ritter auch in die Städte. Die
Bürger fanden Vergnügen daran, in Erholungsstunden die schönen Lieder und
Erzählungen der Minnesänger zu lesen. Manche, die in sich einiges Talent fühl-
ten, ahmten ihnen nach und fingen in Nebenstunden an, ffeißtg zu dichten. Bald
bildeten sie gleich anderen Handwerken eine besondere Zunft unter sich und wur-
den, weil sie Meister ihres Handwerks waren, Meistcrsänger genannt. Sie hiel-
ten, wie andere Zünfte, regelmäßige Zusammenkünfte auf ihrer Herberge oder
Zeche. Die öffentlichen Singschulen oder Wettstreite aber wurden in den Kirchen,
Nachmittags an Sonn- und Festtagen gehalten. Es wurden hier durch vier
Merker, d. i. Zunftvorsteher, biblische Gesänge gewählt, beurtheilt und dem,
welcher am glättesten, d. i. am fehlerfreiesten gesungen hatte, öffentlich der Preis
ertheilt. Dieser bestand aus einem Gehänge mit Münzen; auf einer war der
König David mit der Harfe abgebildet. Der Sieger hieß deshalb auch König-
Davids-Gewinner. Zu Mainz, Nürnberg, Straßburg, Augsburg,
überhaupt in den süddeutschen freien Reichsstädten bestanden mehrere Jahrhunderte
hindurch solche Singschulen der Meistergenossenschaften. Einer der merkwürdigsten
Meistersänger war Hans Sachs, ein ehrsamer Schuster zu Nürnberg, der um
das Jahr 1555 lebte. Er schrieb 6048 geistliche und weltliche Gedichte, von
denen aber kaum der vierte Theil auf uns gekommen ist.
24. Die Baukunst des Mittelalters.
Anfangs ging die Kirchenbaukunst von den Römern und By-
zantinern aus. Seit den Kreuzzügen aber und unter den Hohen-
staufen bildeten die Deutschen einen ganz neuen Baustyl aus, welcher
oen byzantinischen noch weit an Erhabenheit und Schönheit übertraf,
indem man die Kirchen größer, die Thürme höher baute, alles Schwer-
fällige fallen ließ und statt der Rundbogen die Spitzbogen einführte.
TM Hauptwörter (50): [T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Extrahierte Personennamen: Heinrich_von_Veldeck Heinrich Hartmann Gottfried_von
Straßburg Wolfram_von_Eschenbach Heinrich_von_Of- Heinrich Friedrich_Ii Friedrich David David Hans_Sachs
Extrahierte Ortsnamen: Frankreichs Spaniens Frankreich Deutschland Schwaben Mainz Nürnberg Straßburg Augsburg
450
1248, das Chor geendet 1320. Er ist noch unvollendet, keiner seiner
Thürme ausgebaut, und doch ragt er über alle Gebäude der Welt
hervor und übertrifft alle an innerer Vortrefflichkeit der Kunst. Ihm
zunächst au Rang steht das große Münster zu Straß bürg, begon-
nen schon 1015, sein berühmter Thurm erst 1276 durch den Meister
Erwin von Steinbach in seinem Grundrisse angelegt, und endlich
1439 durch den Meister Johann Hülz von Köln vollendet. Der
andere Thurm ist nicht ausgeführt. Unter den großen Werken dieser
Zeit treten ferner hervor die herrlichen Kirchen von Freiburg im
Breisgau, Ulm, Erfurt, Marburg, Würzburg u. f. w., später
die Prachtbauten von Prag und zahlreiche herrliche Kirchen in den
Niederlanden. Neben vielen Domen erhielten sich auch manche
Rathhäuser der Städte in ihrer altherkömmlichen Schönheit.
23. Columbus und die Entdeckung von Amerika.
(1492.)
Schon im Alterthume galt das ferne Indien für das Land der Wunder.
Tiefe Weisheit, unübertreffliche Kunstwerke, vor allem aber unermeßliche Reiche
thümer suchte man dort. Doch kannte man bis zum 15. Jahrhundert n. Chr.
keinen andern Weg dahin, um die Schätze jenes Landes zu beziehen, als den
langwierigen und durch Beduinen unsichern Landweg über Ägypten und
Abessynien. Schon mancher denkende Kopf hatte sich die Frage aufgeworfen,
ob nicht Afrika unten in eine Spitze auslaufe, und ob man nicht durch Um-
schiffung desselben schneller und ungehinderter nach Indien müsse gelangen können?
Im 14. und 15. Jahrhunderte waren die Portugiesen die unternehmendsten
Seefahrer, und König Johann Ii. sandte einen kühnen Mann, Barth olomäus
Diaz, zur Entdeckung dieses Seeweges nach Indien aus. Wirklich erblickte er
die äußerste Spitze von Afrika, und in froher Ahnung gab ihr der König den
Namen „Vorgebirge der guten Hoffnung", überzeugt, daß es jetzt nicht
mehr schwer halten müsse, das ersehnte Indien aufzufinden (1486).
In eben der Zeit kam ein anderer Mann auf einen noch kühneren Gedanken:
„Wie", dachte er, „ist nicht die Erde eine Kugel? Lesen wir nicht in den auen
Reisebeschreibungen, daß Indien sich in unermeßlicher Weite gegen Osten erstreckt?
und muß man daher nicht, wenn man gerade nach Westen segelt, am Ende auf
dasselbe treffen? Ja, haben nicht portugiesische Seefahrer Leichname in ganz
eigenthümlicher Körperbildung, künstlich bearbeitetes Holz und unbekanntes Rohr
von Westen her auf den Wellen treiben sehen? Und wie, das sollte nicht auf
ein Land im Westen deuten?' Dieser ungeheure Ocean sollte eine solche Wasser-
wüste, und alles Land nur auf die eine Halbkugel zusammengedrängt sein?" Je
mehr er darüber nachsann, desto mehr wurde er von der Richtigkeit seiner Ver-
muthung überzeugt; und er beschloß, Hand an die Ausführung zu legen.
Christoph Columbus — dies ist der Name des merkwürdigen Mannes —
war in Genua geboren. Schon als Knabe widmete er sich dem Seemannsberufe.
Doch bald überzeugte sich sein höher strebender Sinn, daß er ohne Kenntniß der
Geometrie, Stern- und Erdkunde nur ein gemeiner Schiffer bleiben würde,
und er widmete sich diesen Wiffenschaften voll Eifer. Von seinem 14. Jahre an
war er beständig zur See; in einigen Gefechten legte er Beweise großen Muthes
und unerschrockener Geistesgegenwart ab.
Auf portugiesischen Schiffen machte er mehrere Entdeckungsreisen mit, und galt
bald bei allen Kundigen für einen Seefahrer, der wenige seines Gleichen hätten
Seiner Vaterstadt Genua wollte er den Vortheil und die Ehre seines Unter-
nehmens zuwenden, aber theils scheute man die Kosten der Ausrüstung der hierzu
nöthigen Schiffe, theils sah man in den Vorschlägen des Columbus nur über-
spannte Ideen, und nannte ihn einen Plänemacher. In Lissabon gings
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T6: [Insel Stadt Meer Hafen Handel Hauptstadt Land Küste Einw. Halbinsel]]
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Extrahierte Personennamen: Erwin_von_Steinbach Johann_Hülz_von_Köln Johann Columbus Johann Barth Diaz Christoph_Columbus
Extrahierte Ortsnamen: Freiburg Ulm Erfurt Marburg Würzburg Prag Niederlanden Amerika Indien Afrika Indien Indien Afrika Indien Indien Genua Genua Lissabon
Hrsg.: Nowack, Hugo, Steinweller, F., Sieber, Hermann, Rohn, R. A., Paust, J. G.
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Simultanschule
Schultypen Allgemein (WdK): Simultanschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
§ 15. Das Leben im Mittelalter.
25
kamen am Sonntage zusammen, um in Singschulen ihre Lieder vorzutragen
-(Meistersänger). Da sie oft mehr Wert auf die Form als aus den Inhalt
legten, so sank ihre Poesie zu bloßer Reimerei herab. Der berühmteste
Meistersänger war der Schuhmacher Hans Sachs in Nürnberg, ein
Zeitgenosse Luthers.
2. Die Baukunst trat frühe in den Dienst der Kirche. Bis in die
Zeit der ersten Hohenstaufen erbaute man die Gotteshäuser in dem aus
Italien stammenden romanischen Baustile, kenntlich an den halbkreis-
runden Bogen der Fensteröffnungen und Portale (die Dome zu Speier,
Worms und Mainz). Gegen Ende der Hohenstaufenzeit bildete sich am
unteren Rhein und im nördlichen Frankreich ein Baustil aus, bei dem an
die Stelle des Rundbogens der Spitzbogen trat, es ist der gotische. Ein
Abbild des mächtigen deutschen Waldes, steigen die schlanken Säulen wie
Bäume empor. Aus ihnen wachsen, Ästen und Zweigen vergleichbar, die
Rippen des Gewölbes hervor, sich vielfach verzweigend. Prächtige Stein-
metzarbeit, meist Blattformen, schmücken die Süulenknäufe und das groß-
artige Portal. Durch die hohen, kunstvoll gemalten Fenster fiel ein ge-
mildertes, zu frommer Andacht stimmendes Licht. Aber die Hauptzier der
gotischen Kirchen sind die schlanken Türme, die, je höher sie aufsteigen,
desto leichter und zierlicher werden, bis sie mit einer gewaltigen Blume in
Kreuzesform endigen. Das höchste Kleinod dieses Baustiles ist der Kölner
Dom, dessen Bau, im Jahre 1248 begonnen, dann Jahrhunderte unter-
brochen, in unseren Tagen durch Preußens Könige vollendet wurde. An
stolzer Pracht steht ihm zunächst das Straßburger Münster. Erwin von
Steinbach entwarf den Plan zu demselben; vier Jahrhunderte hat man
daran gebaut. — Auch weltlichen Zwecken dienende Gebäude wurden im
gotischen Stile aufgeführt, z. B. die Marienburg der Deutschritter, das
Rathaus zu Breslau, das zu Braunschweig und der Artushof in Danzig.
Von den heutigen Städten hat Nürnberg sein altertümliches Gepräge
gewahrt.
E. Die Rechtspflege. 1. Sie war von Karl dem Großen so ge-
ordnet worden, daß nicht mehr alle Freien an den Gerichtstagen teilnahmen.
Nur einige gewählte Männer, Schöffen genannt, führten das Richteramt
unter dem Vorsitze eines kaiserlichen Beamten. Anfänglich gab es keine
geschriebenen Gesetze; man richtete nach Sitte und Herkommen. Später
schrieb man die Gesetze auf. Solche Gesetzsammlungen sind der Sachsen-
und der Schwabenspiegel, so genannt, „weil man darin sein rechtlich ge-
ordnetes Leben erkennen sollte, wie in einem Spiegel". Überaus gewalt-
tätig war die Rechtspflege. Verweigerte der Verklagte das Geständnis,
so wurde es durch Folterqualen erpreßt, oder der Arme mußte durch ein
Gottesurteil seine Unschuld beweisen, weil man meinte, Gott werde den
Unschuldigen nicht zu Schaden kommen lassen. Darum mußten Verklagte
zum Beweise ihrer Unschuld glühendes Eisen tragen, die Hand in siedendes
Wasser stecken u. dergl. — Aber die Rechtspflege wurde noch schlechter, als
bei dein Sinken der Kaisermacht die kleineren Fürsten und Grundherren
TM Hauptwörter (50): [T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke]]
TM Hauptwörter (200): [T105: [Stadt Dom Jahrhundert Zeit Bau Kirche Rhein Baukunst Deutschland Mainz], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König]]
Extrahierte Personennamen: Hans_Sachs Erwin_von
Steinbach Karl Karl
Hrsg.: Steinweller, F., Sieber, Hermann, Paust, J. G., Rohn, R. A.
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Simultanschule
Schultypen Allgemein (WdK): Simultanschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
§ 15. Das Leben im Mittelalter.
25
kamen am Sonntage zusammen, um in Singschulen ihre Lieder vorzutragen
(Meistersänger). Da sie oft mehr Wert auf die Form als auf den Inhalt
legten, so sank ihre Poesie zu bloßer Reimerei herab. Der berühmteste
Meistersänger war der Schuhmacher Hans Sachs in Nürnberg, ein
Zeitgenosse Luthers.
2. Die Baukunst trat frühe in den Dienst der Kirche. Bis in die
Zeit der ersten Hohenstaufen erbaute man die Gotteshäuser in dem aus
Italien stammenden romanischen Baustile, kenntlich an den halbkreis-
runden Bogen der Fensteröffnungen und Portale (die Dome zu Speier,
Worms und Mainz). Gegen Ende der Hohenstaufenzeit bildete sich am
unteren Rhein und im nördlichen Frankreich ein Baustil aus, bei dem an
die Stelle des Rundbogens der Spitzbogen trat, es ist der gotische. Ein
Abbild des mächtigen deuffchen Waldes, steigen die schlanken Säulen wie
Bäume empor. Aus ihnen wachsen, Ästen und Zweigen vergleichbar, die
Rippen des Gewölbes hervor, sich vielfach verzweigend. Prächtige Stein-
metzarbeit, meist Blattformen, schmücken die Säulenknäufe und das groß-
artige Portal. Durch die hohen, kunstvoll gemalten Fenster fiel ein ge-
mildertes, zu frommer Andacht stimmendes Licht. Aber die Hauptzier der
gotischen Kirchen sind die schlanken Türme, die, je höher sie aufsteigen,
desto leichter und zierlicher werden, bis sie mit einer gewaltigen Blume in
Kreuzesform endigen. Das höchste Kleinod dieses Baustiles ist der Kölner
Dom, dessen Bau, im Jahre 1248 begonnen, dann Jahrhunderte unter-
brochen, in unseren Tagen durch Preußens Könige vollendet wurde. An
stolzer Pracht steht ihm zunächst das Straßburger Münster. Erwin von
Steinbach entwarf den Plan zu demselben; vier Jahrhunderte hat man
daran gebaut. — Auch weltlichen Zwecken dienende Gebäude wurden im
gotischen Stile aufgeführt, z. B. die Marienburg der Deutschritter, das
Rathaus zu Breslau, das zu Braunschweig und der Artushof in Danzig.
Von den heutigen Städten hat Nürnberg sein altertümliches Gepräge
gewahrt.
D. Die Rechtspflege. 1. Sie war von Karl dem Großen so ge-
ordnet worden, daß nicht mehr alle Freien an den Gerichtstagen teilnahmen.
Nur einige gewühlte Männer, Schöffen genannt, führten das Richteramt
unter dem Vorsitze eines kaiserlichen Beamten. Anfänglich gab es keine
geschriebenen Gesetze; man richtete nach Sitte und Herkommen. Später
schrieb man die Gesetze auf. Solche Gesetzsammlungen sind der Sachsen-
und der Schwabenspiegel, so genannt, „weil man darin sein rechtlich ge-
ordnetes Leben erkennen sollte, wie in einem Spiegel". Überaus gewalt-
tätig war die Rechtspflege. Verweigerte der Verklagte das Geständnis,
so wurde es durch Folterqualen erpreßt, oder der Arme mußte durch ein
Gottesurteil seine Unschuld beweisen, weil man meinte, Gott werde den
Unschuldigen nicht zu Schaden kommen lassen. Darum mußten Verklagte
zum Beweise ihrer Ünschuld glühendes Eisen tragen, die Hand in siedendes
Wasser stecken u. dergl. — Aber die Rechtspflege wurde noch schlechter, als
bei dem Sinken der Kaisermacht die kleineren Fürsten und Grundherren
TM Hauptwörter (50): [T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom]]
TM Hauptwörter (100): [T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke]]
TM Hauptwörter (200): [T105: [Stadt Dom Jahrhundert Zeit Bau Kirche Rhein Baukunst Deutschland Mainz], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König], T172: [Dichter Zeit Gedicht Schiller Werk Goethe Maler Dichtung Lied Hans]]
Extrahierte Personennamen: Hans_Sachs Erwin_von
Steinbach Karl Karl
§ 15. Das Leben im Mittelalter.
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kamen am Sonntage zusammen, um in Singschulen ihre Lieder vorzutragen (Meistersänger). Da sie oft mehr Wert auf die Form als auf den Inhalt legten, so sank ihre Poesie zu bloßer Reimerei herab. Der berühmteste Meistersänger war der Schuhmacher Hans Sachs in Nürnberg, ein Zeitgenosse Luthers.
2. Die Baukunst trat frühe in den Drenst der Kirche. Bis in die Zeit der ersten Hohenstaufen erbaute man die Gotteshäuser in dem aus Italien stammenden romanischen Baustile, kenntlich an den halbkreisrunden Bogen der Fensteröffnungen und Portale (die Dome zu Speier, Worms und Mainz). Gegen Ende der Hohenstaufenzeit bildete sich am unteren Rhein und im nördlichen Frankreich ein Baustil aus, bei dem an die Stelle des Rundbogens der Spitzbogen trat, es ist der gotische. Ein Abbild des mächtigen deutschen Waldes, steigen die schlanken Säulen wie Bäume empor. Aus ihnen wachsen, Ästen und Zweigen vergleichbar, die Rippen des Gewölbes hervor, sich vielfach verzweigend. Prächtige Steinmetzarbeit, meist Blattformen, schmücken die Säulenknäufe und das groß-artige Portal. Durch die hohen, kunstvoll gemalten Fenster fiel ein gemildertes, zu frommer Andacht stimmendes Licht. Aber die Hauptzier der gotischen Kirchen sind die schlanken Türme, die, je höher sie aufsteigen, desto leichter und zierlicher werden, bis sie mit einer gewaltigen Blume in Kreuzesform endigen. Das höchste Kleinod dieses Baustiles ist der Kölner Dom, dessen Bau, im Jahre 1248 begonnen, dann Jahrhunderte unterbrochen, in unseren Tagen durch Preußens Könige vollendet wurde. An stolzer Pracht steht ihm zunächst das Straßburger Münster. Erwin von Steinbach entwarf den Plan zu demselben; vier Jahrhunderte hat man daran gebaut. — Auch weltlichen Zwecken dienende Gebäude wurden im gotischen Süle aufgeführt, z. B. die Marienburg der Deutschritter, das Rathaus zu Breslau, das zu Braunschweig und der Artushof in Danzig. Von den heutigen Städten hat Nürnberg fein altertümliches Gepräge gewahrt.
E. Die Rechtspflege. 1. Sie war von Karl dem Großen so geordnet worden, daß nicht mehr alle Freien an den Gerichtstagen teilnahmen. Nur einige gewählte Männer, Schöffen genannt, führten das Richteramt unter dem Vorsitze eines kaiserlichen Beamten. Anfänglich gab es keine geschriebenen Gesetze; man richtete nach Sitte und Herkommen. Später schrieb man die Gesetze auf. Solche Gesetzsammlungen sind der Sachsen-und der Schwabenspiegel, so genannt, „weil man darin sein rechtlich geordnetes Leben erkennen sollte, wie in einem Spiegel". Überaus gewalttätig war die Rechtspflege. Verweigerte der Verklagte das Geständnis, so wurde es durch Folterqualen ertzreßt, oder der Arme mußte durch ein Gottesurteil seine Unschuld beweisen, weil man meinte, Gott werde den Unschuldigen nicht zu Schaden kommen lassen. Darum mußten Verklagte zum Beweise ihrer Unschuld glühendes Eisen tragen, die Hand in siedendes Wasser stecken u. bergt — Aber die Rechtspflege wurde noch schlechter, als bei dem Sinken der Kaisermacht die kleineren Fürsten und Grundherren
TM Hauptwörter (50): [T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T13: [Kirche Dom Zeit Bau Denkmal Kunst Tempel Bild Werk Stadt], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke]]
TM Hauptwörter (200): [T105: [Stadt Dom Jahrhundert Zeit Bau Kirche Rhein Baukunst Deutschland Mainz], T0: [Kirche Haus Gebäude Stadt Straße Säule Platz Fenster Seite Palast], T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk]]
Extrahierte Personennamen: Hans_Sachs Erwin_von_Steinbach Karl Karl